Erfahrene Fischer und langjährige Freunde von Highland Fishing ziehen ihre persönliche Fischbilanz. In einer 12-Teiligen Serie über 12 Monate sind interessante Gedanken entstanden. Sie regen zum Nachdenken und Weitermachen an.

In unseren Hausgewässern, die wir im Berner Oberland befischen, ist allgemein der Bestand an Bach- und Seeforellen, Äschen und Egli stark zurückgegangen. Das zeigt unter anderem die Auswertung der Fangerträge in „25 Jahre Angelfischer Fangstatistik“ des Kantons Bern. Andere, weniger willkommene Arten wie Trüsche, Wels, Alet und Barbe sind dazu gekommen oder deutlich vermehrt vorhanden. Kormorane zieren die Uferregionen, Gänsesäger patrouillieren in den Fliessgewässern auf und ab. Invasionen von laichraubenden Schwarzmeergrundeln vom Rhein herkommend schwimmen vor unserer Landesgrenze – ja haben sogar einige Schweizer Gewässer bereits erreicht und einheimische Fischarten stark verdrängt. Bestimmt haben der Befischungsdruck und neue, moderne Fischausrüstungen einen Einfluss auf die Fischbestände. Weniger Nährstoffe durch immer bessere Kläranlagen, was wiederum weniger Nahrung für Jungfische bedeutet. Aufgrund ungenügenden Restwassers sind viele Bäche (zu) trocken. Künstliche Wasserschwankungen, sogenannter Schwall-Sunk, schadet den Wasserbewohnern. Aktuellen Studien und Medienberichten zufolge sind die Insektenbestände, bekanntlich ein Grundnahrungsmittel vieler Fische und Vögel, um unglaubliche 70% zurückgegangen – zurückzuführen auf Pestizide, also Giftstoffe, welche in der Landwirtschaft vielerorts eingesetzt werden. Der Bauernverband steht hinter dem Aktionsplan des Bundes: Die Landwirtschaft sei bereit, den Eintrag von Giftstoffen in die Gewässer wirkungsvoll zu reduzieren. Der Dachverband der organisierten Fischer im Kanton Bern, der Bernisch Kantonale Fischereiverband BKFV, stellt sich in Form der „Berner Fischerei 2020“, einem 7-Punkte-Programm, den aktuellen Herausforderungen.

Wie sieht es konkret bei uns in der Region aus? War früher alles besser? Oder war es einfach anders? Als naturverbundene Menschen im Berner Oberland, dem Ursprungs- und Quellgebiet einer Grosszahl wichtiger Gewässer, sind wir verpflichtet  zusammenzurücken, und uns Gedanken dazu zu machen und Lösungsansätze zu diskutieren damit Lösungen gefunden werden können. Doch können wir einfachen Fischer vom Lande überhaupt etwas beeinflussen?

 

INTERVIEW mit Jüre Knörr, Cortébert:

 

Wie kamst Du zur Fischerei?

Seit 8-jährig wurde ich vom älteren Bruder zum „Brännteträger“ gebraucht. Während er fischte, hatte ich die Fische berührt, sie versucht in die Hand zu nehmen, Wasser gewechselt usf. Mit 10 Jahren wollte ich natürlich selbst Hand an die Fischrute legen und erworb mir das erste Patent. Damals war Egli an der Aare und später die Bachforellenfischerei in der Schüss der Hit; ganz zu Schweigen von den schönen Forellen in der Aare unterhalb des Wehrs in Port. Bereits mit 12-jährig hatte ich so oft ich konnte die Fliegenrute in der Hand. Die damaligen Insektenvorkommen in den Juragewässern waren dermassen gross, dass die Fliegenfischer je nach Wasserstand und Färbung bald mal die Nase vorn hatten. Ich habe Erinnerungen an Forellen-Eröffnungen in Biel am Hauserwehr, wo unübertrieben ca.30 Fischer standen und ihr Glück versuchten! Und das während den ersten 14 Tagen nach dem „heiligen“ 16.3.! Aber schon damals waren längst nicht alle erfolgreich. Aber der Befischungsdruck enorm.

 

Wie war das Fischen früher?

Fischen tat man damals mit der klaren Absicht etwas Abwechslung auf den Tisch zu bringen. Fisch war schon damals eine teure Delikatesse und sehr beliebt. Die Naturköderfischerei war überhaupt nicht verpönt. Die Fliegenfischerei aber schon damals die Königsdisziplin. Viele übten beides aus und die Gräben unter Fischern, was deren Angeltechnik betraf, waren nicht da. Jedenfalls nie so ausgeprägt wie heute. In den Angelladen ging man nur für das Wichtige, damit man überhaupt Angeln konnte und nicht für Luxus-oder Trendartikel. Die Kunstköder – Auswahl war im Vergleich zu heute ein grosses „Nix“. Heute habe ich oft den Eindruck, dass die Hobbyfischerei von der Mode-und Freizeit Industrie als Trendsportart beworben wird und dazu mutiert ist. Heute sind wir mit potentiell bedrohten Fischbeständen konfrontiert. Nicht wenige Fischer lassen deshalb nach erfolgreichem Fang aus Gewissensgründen den Fisch wieder schwimmen. Ich fände es aber viel besser, wenn Fischer, die aus Gewissensgründen C&R auf potentiell bedrohte Fischarten praktizieren – entweder zeitlich weniger auf jene Fischarten fischen oder auf nicht bedrohte Arten oder auf geschlossene „put and take“ Gewässer ausweichen würden.

 

Wie haben sich hiesige Fischbestände entwickelt?

Das oben Gesagte heisst natürlich auch, dass es in den 70er Jahren in all den eutropheren Gewässern viel mehr Fischbiomasse gab. Es wurde auch nach dem Prinzip des „Säens und Erntens“ intensiver Fischbesatz betrieben. Aus damaliger Sicht war diese Fischbewirtschaftung übrigens dringend notwendig gewesen, weil Flüsse kurzerhand zu „Autobahnen“, die Seen mit ihren hart verbauten Ufern in „Badewannen“ verwandelt wurden. Dabei hatte man Fehler gemacht, die zum Glück heute z.T. erkennt werden. Klima u.a. stellt heute eine Makroveränderung dar. Deshalb entstehen bei den Fischen „Looser“ wie z.B. die Bachforelle. Aber es gibt auch „Gewinner“ wie z.B. der Alet, Wels, Barbe, Karpfen. Mit dieser Tatsache müssen wir uns in Zukunft abfinden und unsere Fischerei wird sich den neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Ich hätte vor 40 Jahren jedenfalls nie gedacht, dass ich im Alter statt auf Bachforellen und Äschen vermehrt zum Seefischer mutieren würde.

 

Was bedeutet die Fischerei heute für Dich?

Fischen bedeutet heute wie damals Therapie für mich; also seelische Hygiene zu betreiben. Heute stehe ich viel weniger unter Fangdruck und geniesse mehr den Moment in friedlicher Umgebung. Das sehe ich sehr positiv und hat möglicherweise mit der eintretenden Altersmilde zu tun. Dennoch freue ich mich immer noch sehr über meine Fänge und bin sehr dankbar über die Bionahrung auf dem Teller. Ich fische je länger je vielfältiger, was Angel-Methode, Fischarten und Gewässer angeht. Der Kanton Bern mit seinem freien Patentsystem und den vielen Möglichkeiten ist deshalb ein Segen und macht eine solche Anpassung möglich.

 

Wo müssen wir Fischer die Schwergewichte für die Zukunft setzen?

Ich glaube, dass Fischer in erster Linie aufhören müssen sich gegenseitig selbst einschränken und den andern den Schwarzen Peter zu spielen zu wollen. Die Vereine und Verbände müssen so oft wie möglich versuchen Allianzen mit andern Naturschutzorganisationen zu bilden. Alle haben dasselbe Ziel: Vorwärts zu einer intakteren wilden Natur, wo ihr Raum gegeben wird. Das gilt besonders auch für unsere Gewässer. Damit meine ich nicht Zonen, wo alles verboten wird, sondern, wo der Mensch untertan ist und bleibt. Dabei darf keine Opfersymetrie zu Ungunsten der bedrohten Fische stattfinden. Stichwort: fischfressende Vögel. Da muss in Zukunft ein Bestandes-Management zusammen mit der Jagd erlaubt sein. Gesunde Fische können nur in natürlichen, intakten Lebensräumen gedeihen und müssen sich auf natürliche Weise fortpflanzen, sowie sämtliche nachfolgenden Alterstadien überleben können. Nur solche Wildfische sind z.B. den gefrässigen Räubern gegenüber eher angepasst und überlebensfähig, als irgendwelche Masttiere aus Zuchtanstalten. Würde man heute mit der damals betriebenen Fischereibewirtschaftung wie früher weiterfahren, wäre das nichts als Augenwischerei und die geschützten fischfressenden Vögel würden lachend danken! Deshalb ist Ursachenbekämpfung sicher besser auf Dauer. Heute ist dieser Gegentrend eingekehrt, dabei sind wir noch ganz am Anfang! Nur gesunde Gewässer bringen gesunde Fischbestände hervor. Die wiederum bilden die Basis für viele Arten, die sich natürlicherweise davon ernähren. Da gehören wir Fischer auch dazu. Dafür müssen wir kämpfen und dazu stehen.

 

Fazit

Wie schon erwähnt, kommen wir Fischer nicht drum herum, uns auch an die verändernden Ökosysteme anzupassen. Deshalb frage ich mich, warum nicht vermehrt auf Welse, Hechte, Felchen, Rotaugen, Trüschen und andere leckere nicht bedrohte Arten angeln, anstatt auf potenziell bedrohte? Und wenn, warum nicht in geschlossenen Systemen auf Zuchtfische, wie das in unseren BE-Bergseen der Fall ist? Ich finde dies kein schlechter Kompromiss!

Bisherige Tätigkeiten in der Fischerei:

Mehr Infos unter Büro FISCHVERSTECKE

Danke den HF-Fischers für ihr naturschützerisches Engagement im Raum Thunersee und für die tolle Webseite mit vielen praktischen Tipps und Infos. Gratuliere euch! Vorbildlich, weiter so!